Freitagnachmittag im Sauerland.
Ich stand an der Leitplanke. Neben mir jede Menge Autos. Auf meinem Handy Google Maps, das will, dass ich durch Verkehrslawinen in den Tod laufe.
Gegenüber: Ein gesperrter Weg mit Schranke. Wirkt eher wie der Eingang zur Apokalypse als ein offizieller Wanderweg.
Vielleicht hat Google einfach genug von mir: »Dieser Typ ist zu alt für TikTok. Schick ihn in den Straßengraben.«
Ich denke mir: Neee, ich will noch ein bisschen auf diesem tollen Planeten bleiben.
Also ändere ich spontan mein Ziel.
Statt zu einer Quelle wanderte ich Richtung einer Schlossruine.
Komplett andere Richtung.
Komplett anderer Weg.
Ich laufe die Landstraße zurück, biege irgendwann ab in eine kleine Straße, die meine Beine für den Rest des Tages hassen werden.
Es geht steil bergauf.
Richtig steil.
Meine Waden fangen an zu pfeifen.
Ich dachte, dieser Weg würde einfach nur anstrengend. Dass er lebensverändernd wird, ahnte ich nicht.
Dann ein Schild.
Ein Waldwanderweg.
Es geht noch steiler bergauf.
Aber diesmal durch Bäume, Schatten, absolute Ruhe.
Oben angekommen: Ein unfassbarer Ausblick über Olsberg.
Ich setze mich hin, mache mein Radler auf, schnaube durch, schwitze aus allen Poren … und bin glücklich. Einfach komplett glücklich.
Ich bleibe eine Weile dort. Schaue. Atme. Lebe.
Dann gehe ich weiter. Der Weg bleibt wunderschön.
Wald. Pferde. Ein Fuchs. Keine Menschen.
Dann, unten im kleinen Ort Ostwig, sehe ich ein Schild: »Live-Musik: Grand Slam – Samstag 19:00 Uhr«. Morgen.
Ich beschließe spontan, da hinzugehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich nachts zurück zum Hotel komme. Egal.
Am nächsten Abend: Ich wandere dieselbe Strecke, bin diesmal vorbereitet.
Ich komme an, gehe durch ein Steintor in einen Hof, der aussieht wie aus einem alten Ritterfilm. Links Bauernhof, rechts Kneipe, hinten eine Wiese mit einer Art Schloss. Und mitten drin: Eine Bühne.
19:30 Uhr. Die Band beginnt. 00:30 Uhr hören sie auf. Und dazwischen? Einfach nur: Wow.
Die Band war so gut, ich verzeihe sogar dem Gitarristen, dass er beim Singen mein Lieblingslied von Westernhagen „Sexy“ ziemlich vermasselt hat.
Aber dann kam dieser Moment. Als die Sängerin ‚The Best‘ von Tina Turner raushaute, hatte ich Tränen in den Augen.
Ich spürte etwas in mir, das zu lange still war. Und dann wusste ich: Ich will genau das. Wieder. Ganz oder gar nicht.
Vor zehn Jahren habe ich das schon mal gemacht. Aber dann kam das Leben dazwischen. Jetzt nicht mehr. Jetzt ist der Drang stärker als je zuvor.
Ein paar Tage später schreibe ich ein Inserat auf diversen Musikerplattformen.
Eine Woche später meldet sich eine Band.
Noch eine Woche später bin ich bei der ersten Probe.
Heute ist Probe Nummer drei.
Und es passt. Die Leute. Die Musik. Die Stimmung. Und das Gefühl beim Singen.
Ich hätte nie gedacht, dass es so schnell geht.
Danke, Google. Danke für diesen Navigations-Fail. Danke für die Umleitung.
Ohne die hätte ich das Schild nicht gesehen.
Ohne das Schild keine Band.
Kein Inserat.
Kein Ich auf der Bühne.
Manchmal brauchst du einen Umweg, um da anzukommen, wo du eigentlich hingehörst. Und manchmal ist dieser Umweg steil, schweißtreibend, verwirrend oder klingt wie eine dumme Idee.
Aber vielleicht ist er genau das, was du brauchst.
Danke fürs Lesen.
Kevin
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