Dienstagmorgen. Krankenhaus.
Mein Sohn und ich folgen der Schnecke auf dem Boden der Kinderklinik. Runter den Flur entlang in Richtung Blutabnahme.
Mein Sohn ist neun Jahre alt und hat Angst. Diese Art von Angst, die man nicht überreden kann. Die in den Knochen sitzt.
Ich tue so, als hätte ich keine. Ich rede leise. Ich halte seine Hand.
Er sagt nichts mehr. Er weiß, was gleich kommt.
Ich auch. Aber ich tue, was Eltern eben tun: So tun, als wären wir furchtlos.
Blutabnahme war schon für mich als Kind der blanke Horror. Ich kann mich noch erinnern, wie ich panisch geworden bin, wenn ich nur den weißen Kittel gesehen habe.
Heute sitze ich da … als Vater … und halte seine Hand, während die Nadel kommt. Er zittert, weint, krallt sich an mir fest.
Ich bin nicht besonders gut darin, über Gefühle zu reden. Ich kann einen Funnel bauen, der 24/7 verkauft … aber bei »Ich hab dich lieb« fang ich an zu stottern. Zumindest bei Erwachsenen.
Bei meinem Sohn ist es einfacher … aber auch da frag ich mich manchmal: Reicht das, was ich gebe? In diesem Moment hatte ich keine Antwort – nur seine Hand in meiner.
Und genau da passiert es:
Ich spüre seine kleinen Finger, die sich in meine drücken … und merke plötzlich:
Ich muss nirgends hin …
- Nicht zum Meeting.
- Nicht zur Deadline.
- Nicht zum Kunden.
Niemand braucht mich gerade. Außer er.
Ich bin voll da. Mit jedem Gedanken. Mit jeder Faser.
Und während ich seine Hand halte, läuft mein Business weiter.
Mein Konto füllt sich, während ich körperlich und gedanklich zu 100% bei meinem Sohn bin.
Auch das ist Freiheit.
Nicht die mit dem Laptop am Strand und der Kokosnuss (es will eh niemand wirklich bei 35 Grad in der Sonne am Strand arbeiten) … sondern die, die da ist, wenns wirklich zählt.
Und als er endlich fertig ist, sagt er mit belegter Stimme: »Papa … das war schlimmer als Mathe.«
Ich musste lachen. Nicht laut … mehr so ein innerliches Lachen, das rauskommt, wenn die Anspannung kurz Pause macht.
Heute ist Freitag. Am Wochenende übernimmt seine Mutter im Krankenhaus. Sonntagabend bin ich wieder dran. Solange wie nötig. Und komplett stressfrei.
Ich bin so dankbar, dass Vergangenheits-Kevin diese Gegenwart möglich gemacht hat.
Man baut sich diese Freiheit nicht über Nacht auf.
Aber man kann heute damit anfangen.
Wenn du magst – schreib mir. Ich lese alles … und helfe dir gerne.
Kevin
PS: Er hat nichts lebensbedrohliches, aber etwas unangenehmes und langwieriges.
PPS: Morgen bin ich bei 34 Grad auf einer Hochzeit. Vielleicht nehm ich dann doch lieber die Nadel 😅
