Samstagabend. Ein kleines Dorf im Sauerland.
Ich hab 30 Kilometer durch Wälder und Felder hinter mir, meine Beine schreien nach Pause, und das einzige Ziel ist: Kaltgetränk, Musik … und genießen.
Ich schleppe mich durch ein altes Steintor in einen Innenhof, irgendwo zwischen Pferdestall und Schloss.
Bier in der Hand. Die Band hat gerade angefangen zu spielen.
Ich hatte keine Ahnung, dass ein einziger Song an diesem Abend mir einen Tritt in den Hintern geben würde, den ich zehn Jahre lang gebraucht hätte.
Ich hatte exakt null Erwartungen an diesen Abend …
Vier Stunden später sitze ich allein auf einer Bank, ganz nah an der Bühne.
Die Nacht ist kühl geworden. Mein Bier lau. Ich müde … aber dann passiert es:
Die Band spielt „The Best“ von Tina Turner.
Und diese eine Sängerin da vorne? Die bringt das Ding so dermaßen auf den Punkt, dass ich für einen Moment vergesse zu atmen.
Dieser schwierige Part in dem Lied? Die trifft einfach jeden verdammten Ton!
Kein Wackler.
Kein Zögern.
Nur pure Energie.
Freude.
Kontrolle.
Und ein Funkeln im Gesicht, das mir klarmacht: Die lebt das gerade.
Hier ein Mini-Ausschnitt:
Ich spürte einfach: Die liebt das. Die lebt das!
Und ich? Ich sitze da, mit Gänsehaut bis zur Schuhsohle, und mein Inneres schreit zu mir:
»Alter … ich will das auch wieder!«
Nicht irgendwann.
Nicht morgen.
Am liebsten: Jetzt.
Früher war ich schonmal in einer Band. »Nudist at the Necroparty« nannten wir uns.
Wir waren sicher nicht die besten.
Aber es war laut. Wild. Schön kaputt.
Hier ein kleiner Auszug eines Live-Auftritts von damals:
Ich hab das geliebt.
Dann kam das Leben. Termine, Jobs, Listen.
Und irgendwo dazwischen ist diese Stimme in mir immer leiser geworden.
Aber an diesem Abend im Sauerland … mit halbvollem Bier und vollen Ohren, war die Stimme plötzlich wieder da.
Laut und klar.
Vielleicht lauter als je zuvor.
Aber … natürlich hab ich Schiss!
Vor dem ersten Ton im Proberaum. Vor Fremden, die mich anschauen wie einen ebay-Käufer mit der Nachricht: »Was isch ledtze Prais?«
Ich bin nicht das klassische Frontschwein.
Ich brauch Warm-Up-Zeit. Ich hab keine überragende Stimme wie diese unfassbare Sängerin …
Aber ich hab was anderes: Spaß. Menschlichkeit.
Und verdammt viel Lust, wieder Musik zu machen – mit anderen.
Für andere.
Und vor allem: Live.
Heute Morgen hab ich’s gemacht … drei Inserate rausgehauen.
Jetzt denk ich: »Warum zur Hölle hab ich das nicht früher getan?«
Vielleicht hätte ich dann auch den nächsten Sommer nur mit Spotify verbracht und mir eingeredet, das reicht.
Denn klar: Ich singe im Auto. In der Küche. Unter der Dusche.
Aber das ist wie Tennisspielen gegen die Wand, wenn du eigentlich Wimbledon willst.
Mir hat gefehlt, was Musik mit Menschen macht.
Wenn Bässe Bäuche massieren.
Wenn jemand lächelt, weil du ihn genau da erwischt hast.
Weil jemand mitgröhlt, was du vorspielst.
Und es sich einfach fantastisch anfühlt …
Wir quatschen uns so oft selbst aus Dingen raus, die uns eigentlich lebendig machen.
Aus Vernunft.
Aus Angst.
Aus Routine.
Und dann vergeht ein Sommer.
Und noch einer.
Und irgendwann sitzt du da, mit einem Haufen Argumente … aber ohne Puls.
Vielleicht ist heute ein guter Tag, deiner Freude wieder das Mikro zu geben.
Ich hab’s getan.
Vielleicht steht bald der erste Auftritt an.
Diesmal ohne Gitarre.
Aber mit ganz viel Kevin.
Und ich sag dir was: Ich freu mich sehr drauf, aber ich könnte auch nicht weniger Angst haben 😅
Das war echt ein magischer Samstagabend.
Ein kleines Dorf.
Und vielleicht war das der Moment, in dem ich endlich wieder angekommen bin.
Falls du dich fragst, ob du das auch kannst: Ja, verdammt. Aber warte nicht zehn Jahre, wie ich.
